Stress ist eine der Hauptursachen für hormonelles Ungleichgewicht. In diesem Artikel schauen wir uns an, was im Körper unter dem Einfluss von Stress passiert und wie es uns gelingen kann, Stress zu reduzieren bzw. clever zu managen.
Drei Beispiele für Stress
„Nur noch diese eine E-Mail beantworten, dann ist wirklich Schluss, dann ist Feierabend, dann gehe ich. Ich bin schon wieder die letzte im Büro. Wie so oft denke ich flüchtig, dass ich etwas ändern muss, dass ich wieder ein Privatleben haben möchte. Auch dieses Mal bleibt der Gedanke ein Gedanke und ich tröste mich mit einem neuen Gedanken. Es ist eine Phase, die wieder vorübergehen wird. Momentan wird in der Firma eben mein voller Einsatz verlangt.“
„Seit 10 Jahren bin ich selbstständig. Im Moment läuft es nicht so gut. Sicher auch, weil ich seit Jahresanfang meine Mutter pflege und deswegen die Prioritäten anders setzen muss. Ich hoffe, bald Unterstützung zu bekommen, so dass ich mich wieder mehr auf meine Arbeit und auch auf meine Partnerschaft fokussieren kann. Denn die geht gerade den Bach runter. Wir leben nur noch nebeneinander her.“
„Mein Mann ist berufsbedingt nur am Wochenende zu Hause, und ich schmeiße Haushalt und Kinder unter der Woche alleine. Das ist zwar manchmal stressig, aber ich habe nicht das Gefühl, eine Wahl zu haben. Meistens ist eh zu viel zu tun, als das ich mir darüber Gedanken machen könnte. Ich arbeite halbtags und hole die Kinder um 15 Uhr aus der Kita ab. Hin und wieder ist meine Mutter nachmittags bei uns, aber das macht gefühlt noch mehr Arbeit.“
Drei Einblicke in verschiedene Lebenssituationen, die in ähnlicher Form viele meiner Klientinnen betreffen. Drei alltägliche Situationen die einen gemeinsamen Nenner haben: chronischer Stress.
Der Körper kann durchaus mit Stress umgehen
Stress hatten wir schon immer und Stress zu haben, ist unserem System bekannt. Unser Körper kann damit umgehen. In Stresssituationen ist unser Körper in der Lage, Unglaubliches leisten.
Früher haben wir zum Beispiel gegen Bären gekämpft oder waren auf der Flucht vor dem Säbelzahntiger. Verdammt schnell sogar, weil der Körper in Extremsituationen alle Energiereserven bereitstellt.
Wenn der Bär erlegt war oder wir zurück im Schutz unserer Höhle waren, also wenn die stressige Situation vorbei war, konnte unser System runterfahren und sich erholen.
Heute ist das anders. Der Bär aka Chef lässt sich weder erlegen, noch können wir einfach vor ihm wegrennen. Und die Dauererreichbarkeit, in der wir leben, erzeugt eine unterschwellige Dauerbereitschaft. Wir sind quasi immer (ein bisschen) unter Strom. Meistens, ohne es zu merken.
Stress, der für Kampf- oder Flucht-Situationen bestimmte Abläufe im Körper veranlasst, existiert heutzutage oft beständig und signalisiert unserem Körper so fortwährend, wir würden kämpfen oder fliehen. Es wird also dauerhaft krass viel Energie bereitgestellt.
Was im Körper passiert
Chronischer Stress fängt ganz schleichend an und macht uns zu Beginn keine Probleme. Im Gegenteil. Meistens laufen wir erstmal zu Hochtouren auf. Das liegt am chronisch erhöhten Cortisolspiegel im Blut. Cortisol ist ein Hormon aus der Nebennierenrinde, welches dem Körper durch Aktivierung bestimmter Stoffwechselvorgänge mehr Energie zu Verfügung stellt.
Cortisol ist den ganzen Tag in unterschiedlichen Mengen im Blut vorhanden. Morgens zwischen 8:00 und 10:00 Uhr ist die Konzentration im Körper am höchsten und um Mitternacht erreicht sie ihren Tiefpunkt.
Das „Stresshormon“ Cortisol hat u. a. Einfluss auf den Blutzucker, den Fettstoffwechsel und wirkt entzündungshemmend.
Bei Stress sind die Cortisolwerte erhöht, was uns zunächst erstmal suggeriert, wir hätten unendlich viel Energie. Zudem sinkt zunächst auch die Infektanfälligkeit. Wer braucht schon eine Grippe, wenn er kämpft oder auf der Flucht ist?
Wenn der Cortisolspiegel aber nun über längere Zeit dauerhaft erhöht ist, kippt die Lage im Körper über kurz oder lang.
Unser Energielevel sinkt tagsüber merklich, meistens lässt auch die Schlafqualität nach und wir fühlen uns oft sehr, sehr müde, auch wenn wir mal länger schlafen.
Häufig steigt dann der Konsum von Kaffee, koffeinhaltigen Getränken und teilweise auch von Fast Food und Süßigkeiten. Alles kurzfristige Energielieferanten, die für eine Cortisolausschüttung sorgen und auch für einen rasanten Anstieg des Blutzuckerspiegels. So rasant, wie der Blutzuckerspiegel ansteigt, so rasant fällt er auch wieder ab und die daraus entstehende Unterzuckerung (Hypoglykämie) ist wieder Stress für den Körper, wirkt sich negativ auf die Nebennieren aus und sorgt für Heißhungerattacken. Ein Teufelskreis.
Dauerhafter Stress schlägt außerdem auf den Magen. Blähungen, Völlegefühl, Verstopfungen und Magengeschwüre sind keine Seltenheit.
Hinzu kommen Bluthochdruck, hormonelle Dysbalancen und das Ausbleiben der Menstruation (Amenorrhoe).
Die Nebennieren haben nicht unendlich viele Ressourcen und schwenken irgendwann ihr weißes Fähnchen.
Die Nebennieren haben nicht unendlich viele Ressourcen und schwenken irgendwann ihr weißes Fähnchen. Sie sind jetzt nicht mehr in der Lage, ausreichend Hormone (darunter Cortisol) zu produzieren, was zum Absinken des Cortisolspiegels im Blut führt.
Dies wiederum führt zu Autoimmunerkrankungen, da das Immunsystem nicht mehr vom Cortisol gehemmt wird, zu Allergien, zu hoher Infektanfälligkeit und Herzstress.
Manchmal sind die Symptome leise, manchmal sind sie laut. Entweder steckt man bereits mitten im Burnout oder man ist kurz davor.
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Was du bei Stress tun kannst
Der Sohn meiner Freundin meinte neulich „Chill mal, Mama!“. Damit hat er eigentlich alles gesagt.
Nimm dir unbedingt wieder bewusst Zeit für dich. Suche dir eine Beschäftigung, die dir gut tut und nichts mit dem zu tun hat, was du sonst tust. Natürlich helfen oft Klassiker wie Yoga, Meditation, Autogenes Training, Feldenkrais oder ein Spaziergang.
Aber das kann für dich persönlich auch etwas ganz anderes sein. Zum Beispiel ein Mal- oder ein Töpferkurs, Powernapping, Walken… Probiere aus, was DIR guttut und nicht was deine Nachbarin dir rät – aber vielleicht könnte die mal die Kinder nehmen?!
Ich weiß, dass es in sehr stressigen Zeiten schwierig ist, Ruhe zu finden. Gerade wenn der Tag durchgetaktet ist. Aber über kurz oder lang tust du niemandem einen Gefallen, wenn du dein System dauerhaft überreizt. Also, tief Atmen, deine Pausen finden und vielleicht mit ein bisschen weniger durchgedrücktem Gaspedal den Alltag manövrieren.
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#staychilled
Deine Astrid
Photocredit: unsplash